Die aktuelle Stromsituation in Sambia

Die aktuelle Stromsituation in Sambia

  |  von Steffi Greuel   |  

Während ich abends in meinem beleuchteten Wohnzimmer sitze und noch ein wenig an meinem Laptop vor mich hin arbeite, bemerke ich, dass sich die Kapazität meines Akkus langsam aber sicher dem Ende neigt. Ohne groß nachzudenken, greife ich zum Ladekabel, stecke es an und der Laptop und ich kann einfach weitermachen. Aber was wäre, wenn plötzlich kein Strom mehr aus der Steckdose käme? Wenn der Strom nur noch nachts für 6 bis 8 Stunden verfügbar wäre? Und auch das ungewiss wäre? Was würde das für meine Familie und unseren Alltag bedeuten? Wie lange halten eigentlich Lebensmittel, wenn sie nicht gekühlt werden? Und wie bezahle ich meine Rechnungen, wenn ich nicht arbeiten kann und eh keine Überweisungen tätigen kann, weil Handy und Laptop down wären?

In Sambia ist das aktuell die Realität. Der Kariba-Stausee, der etwa 90 % der sambischen Stromversorgung durch Wasserkraft deckt, hat in diesem Jahr einen historischen Tiefstand erreicht: Nur noch rund 6  % seiner nutzbaren Kapazität sind verfügbar. Im Vorjahr waren es noch etwa 22 %. Vor 20 Jahren waren es noch 60 - 70 %. Das bedeutet, dass viele Haushalte und Betriebe nur stundenweise Strom haben. Diese häufigen Stromausfälle erschweren auch die Lagerung von Lebensmitteln, da Kühlmöglichkeiten fehlen, und beeinträchtigen die Landwirtschaft, da Bewässerungssysteme ausfallen, Handwerker müssen ihre Arbeit auf Nachts verlegen und die Situation an den Tankstellen kann man sich ausmalen. Diese Krise bedroht die Lebensgrundlagen vieler Menschen und zwingt sie, mit minimalen Ressourcen auszukommen.

Auch Bildungseinrichtungen und Krankenhäuser, die stark von einer stabilen Stromversorgung abhängig sind, trifft die Situation hart. In diesem Beitrag werfen wir einen detaillierten Blick auf die Ursachen und Auswirkungen der Krise, die Maßnahmen der Regierung und was wir als Privatpersonen tun können, um zu helfen.

  1. Ursachen der Stromkrise in Sambia
  2. Auswirkungen auf die Bevölkerung und besonders auf Kinder
  3. Auswirkungen auf die Ernährungssituation
  4. Die Maßnahmen der Regierung
  5. Warum sollten wir uns engagieren?
  6. Quellen

Ursachen der Stromkrise in Sambia

Abhängigkeit von Wasserkraft und die Rolle des Klimawandels

Wasserkraft war in der Vergangenheit eine zuverlässige Energiequelle für Sambia, vor allem dank des Kariba-Stausees, der seit den 1960er Jahren einen Großteil der Energieversorgung des Landes sicherte. Der Kariba-Stausee ist einer der größten künstlichen Seen der Welt und hat eine Kapazität von über 180 Milliarden Kubikmetern. Er konnte durch eine konstante Wasserzufuhr des Sambesi-Flusses zuverlässig Energie produzieren, was Sambia und auch Zimbabwe über viele Jahre hinweg eine stabile Stromversorgung gewährleistete. Rund 90 % der Stromproduktion Sambias stammen aus Wasserkraft.

In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die Situation jedoch verschlechtert. Klimatische Veränderungen, wie häufigere und längere Dürreperioden, haben den Wasserstand des Stausees stark beeinflusst. Die Regenzeiten sind weniger vorhersehbar geworden und die Trockenperioden intensiver, was zu einem drastischen Rückgang der Wasserverfügbarkeit führte und die Verlässlichkeit der Wasserkraft erheblich beeinträchtigt hat​.

Aktuell führt das in viele Regionen zu täglichen Stromausfällen von 16 Stunden oder länger (je nach Region), was die Lebensqualität und wirtschaftliche Produktivität drastisch senkt.

Export von Strom in Nachbarländer

Obwohl Sambia selbst mit einer Knappheit konfrontiert ist, exportiert das Land weiterhin Strom an Nachbarländer wie Simbabwe, Südafrika und die Demokratische Republik Kongo. Diese Exporte sind finanziell wichtig für Sambia: 2022 brachte der Stromexport rund 300 Millionen US-Dollar ein, aber in Zeiten von Wassermangel verschärfen die Exporte die nationale Stromknappheit, da der bestehende Strom vorrangig ins Ausland verkauft wird, um Devisen zu erwirtschaften und bestehende Verträge zu erfüllen​. Ein nicht erfüllen der Verträge würde weitere Kosten nach sich ziehen. Ein Teufelskreis.

Priorisierung des Bergbaus

Sambia ist der zweitgrößte Kupferproduzent Afrikas, und der Bergbau trägt etwa 70 % zum Gesamtexport des Landes bei. Die Regierung priorisiert daher die Stromversorgung der Minen, um den Wirtschaftsmotor am Laufen zu halten. Laut Schätzungen wird etwa 50 % der produzierten Energie direkt an die Minen weitergeleitet, was bedeutet, dass Schulen, Krankenhäuser, Hotels, kleine Unternehmen und Privathaushalte oft hinten anstehen.

Kariba-Staudamm in Sambia mit niedrigem Wasserstand
Karibastausee - der Wasserstand im Karibasee in diesem Jahr extrem niedrig ist – es gibt nur noch etwa 5 % nutzbares Wasser im Vergleich zu fast 20 % im letzten Jahr.

Auswirkungen auf die Bevölkerung

Die Stromknappheit trifft alle Bevölkerungsschichten. Die Auswirkungen auf ihre Entwicklung und Gesundheit sind tiefgreifend:

  • Bildungseinbußen: Viele Schulen können aufgrund der täglichen Stromausfälle keine abendlichen Nachhilfestunden mehr anbieten. Zudem bleiben moderne Lernmaterialien und digitale Geräte ungenutzt, da oft kein Strom verfügbar ist. Hier sprechen wir von Schulen in Städten. UNICEF berichtet, dass nur etwa 30 % der ländlichen Schulen überhaupt Zugang zu Elektrizität haben, was die Bildungschancen erheblich einschränkt.
  • Einschränkungen im Gesundheitswesen: Krankenhäuser und Gesundheitsstationen sind auf eine stabile Stromversorgung angewiesen, um Geräte wie Inkubatoren, Röntgengeräte und andere lebenswichtige Apparaturen zu betreiben. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtet, dass etwa 60 % der Gesundheitszentren in ländlichen Gebieten keine verlässliche Stromversorgung haben, was die medizinische Versorgung erschwert und Leben gefährdet.
  • Negative Auswirkungen auf kleine Unternehmen: Für kleine Unternehmen, die häufig handwerkliche Produkte herstellen, kleine Werkstätten betreiben oder landwirtschaftliche Erzeugnisse verarbeiten, sind die Stromausfälle existenzbedrohend. Die unzuverlässige Energieversorgung führt zu Produktionsstillständen und Einnahmeverlusten. Vor allem Betriebe, die von elektrischen Maschinen oder Kühlgeräten abhängig sind, sind stark eingeschränkt. Ein kleiner Friseursalon kann zum Beispiel keine elektronischen Geräte verwenden, und Lebensmittelverarbeiter können leicht verderbliche Waren nicht ausreichend kühlen oder verarbeiten. Diese Schwierigkeiten verringern die Einkommensmöglichkeiten und schränken das wirtschaftliche Wachstum ein.

Es verfügen nur zentrale Einrichtungen wie größere Krankenhäuser, Flughäfen und Supermärkte in städtischen Gebieten über Notstromaggregate, um kritische Bereiche während Stromausfällen zu sichern. Die hohe Kostenbelastung und Wartungsanforderungen begrenzen jedoch den Einsatz dieser Anlagen, sodass die ländliche und abgelegene Bevölkerung meist keinen Zugang zu Notstrom hat und von der instabilen Stromversorgung direkt betroffen ist.

Auswirkungen auf die Ernährungssituation

Die Stromkrise trifft ländliche und besonders arme Gebiete in Sambia extrem hart, da diese Regionen stark auf die Landwirtschaft angewiesen sind. Ohne zuverlässige Bewässerung drohen Ernteausfälle beim Maisanbau – einem der Hauptnahrungsmittel. Da es an Kühlmöglichkeiten fehlt, verderben verderbliche Lebensmittel wie Milch und Fleisch schnell, was die Nahrungsmittelversorgung weiter einschränkt.

Die betroffenen Haushalte können sich oft keine teureren Alternativen leisten und müssen auf weniger nahrhafte, günstige Lebensmittel ausweichen. Dies verschärft die ohnehin schon prekäre Ernährungslage in diesen Gebieten. Besonders Kinder in diesen ländlichen Regionen sind einem erhöhten Risiko von Mangelernährung ausgesetzt, was ihre Gesundheit und körperliche Entwicklung beeinträchtigen kann.

Vertrocknetes Maisfeld in Sambia, Dürre sichtbar
Ein vertrocknetes Maisfeld in Sambia, das die Dürre sichtbar macht.

Die Maßnahmen der Regierung

Die sambische Regierung setzt verschiedene Maßnahmen ein, um die anhaltende Energiekrise zu bewältigen und die Versorgungssicherheit im Land zu verbessern. Ein zentraler Bestandteil der Strategie sind Investitionen in erneuerbare Energien, um die starke Abhängigkeit von der Wasserkraft zu verringern. Besonders Solar- und Windenergie sollen hierbei eine größere Rolle spielen. Im Jahr 2024 startete ein groß angelegtes Solarprojekt, das 200 Megawatt Strom liefern soll und damit rund 10 % des aktuellen Energiebedarfs decken könnte.

Darüber hinaus arbeitet die Regierung eng mit internationalen Partnern zusammen, um die Finanzierung für diese Projekte zu sichern. Internationale Geber wie die Weltbank und die African Development Bank unterstützen die sambischen Bemühungen um nachhaltige Energieversorgung. Allein die African Development Bank stellte 2023 rund 50 Millionen US-Dollar zur Verfügung, um den Ausbau erneuerbarer Energien in Sambia voranzutreiben und so die Stromversorgung langfristig zu stabilisieren.

Neben den Investitionen und Partnerschaften setzt die Regierung auch auf Energiesparmaßnahmen im Inland. Um die Bevölkerung für einen verantwortungsvollen Umgang mit Energie zu sensibilisieren, fördert sie den Einsatz von Energiesparlampen und effizienten Geräten. Diese Programme sollen helfen, den Stromverbrauch in Haushalten und Unternehmen zu senken und die Abhängigkeit vom ohnehin belasteten Stromnetz weiter zu verringern.

Alte Kupfermine in Sambia, rostige Ausrüstung sichtbar
Kupfermiene

Warum sollten wir uns engagieren?

Natürlich können wir das Stromproblem in Sambia nicht einfach lösen. Aber wir können dazu beitragen, die Lebensbedingungen der Menschen, besonders der Kinder, ein kleines Stück besser zu machen. Schon mit der Finanzierung von Solarlampen ermöglichen wir es ihnen, abends zu lernen und zu lesen – eine Chance, die für uns selbstverständlich ist, für sie aber oft fehlt. Oder wir helfen mit Grundnahrungsmitteln, um die Ernährungssituation zu stabilisieren und Familien den Alltag zu erleichtern. Es ist ein kleiner Beitrag für uns, aber ein großer Schritt für sie. Gemeinsam können wir Licht und Hoffnung in ihr Leben bringen und damit die Grundlage für eine bessere Zukunft schaffen.